Die Bezeichnung Hyaluronsäure ist sicher etwas irritierend, da es sich bei diesem Wirkstoff nicht um eine Säure handelt, sondern um ein sogenanntes Mucopolysaccharid, also um eine lange Zuckerkette. Zucker ist sehr ´wassersuchend´, das heißt es bindet sich schnell an Wasser. So wird aus der sehr langen Zuckerkette ´Hyaluronsäure´ ein sehr zähes gelartiges Gemisch. Dieses ´Gel´ wurde zuerst im Jahr 1942 in der Bäckerei offiziell angewendet, als Ersatz für Eiweiß.
Hyaluronsäure (HS) ist eine der am meisten untersuchten und erforschten Substanzen, die in der Medizin Anwendung finden. Die einzigartige Eigenschaft Wasser aus der unmittelbaren Umgebung an sich zu binden um daraus eine zähflüssige Masse zu machen wird seit vielen Jahren bei der Behandlung von Patienten genutzt. HS kommt als Bestandteil in vielen Körperteilen des Menschen vor, zum Beispiel in den Augen, den Sehnengleitgeweben, der Gelenkflüssigkeit und dem Gelenkknorpel. In der plastischen Chirurgie wird HS schon seit vielen Jahren zur Faltenunterspritzung und anderen Indikationen angewendet.
In der Orthopädie kommt die Hyaluronsäure als künstliche Gelenkflüssigkeit zur Anwendung. Manchmal wird sie auch als Bioprothese bezeichnet, was inkorrekt ist, da die HS offensichtlich keinen künstlichen Gelenkersatz (Prothese) darstellt. Aber die Fähigkeit, in Verbindung mit Wasser ein zähflüssiges Gel zu bilden, kann in der Behandlung von Gelenkverschleiß wertvolle Dienste leisten. Am häufigsten wird die HS am Kniegelenk angewendet, gefolgt vom Schulter- und Hüftgelenk. Bei Sprung- und Ellenbogengelenk kommen wegen der kleineren Gelenkgröße kleinere Mengen der HS zur Anwendung.
Beim Gelenkverschleiß – medizinisch Arthrose – kommt es zu einer langsamen Ausdünnung und letztendlich zum Verschwinden der – die Gelenkoberfläche überziehenden – Knorpelauflage. Dieses vollzieht sich über Jahre hinweg, durch das Austrocknen des Knorpels, der damit seine Elastizität verliert und brüchig wird, was im weiteren Verlauf zu einem zuerst nur partiellen, aber im Endstadium kompletten Knorpelverlust führt. Kontakt- und Laufsportarten (Fußball, Rugby, Tennis…), schwere körperliche Arbeiten, häufiges langes knien aber auch langes Sitzen in gleicher Gelenkposition (Berufskraftfahrer, Bürotätigkeit) und Verletzungen oder Unfälle können den Verschleiß erheblich beschleunigen. Leider hat ein Gelenk kein Heilungspotential, da es keine Blutversorgung in die Knorpeloberfläche gibt. Somit kann Knorpel nicht regenerieren oder gar wachsen und einmal verursachte Schäden sind nicht widerrufbar.
Auch die Hyaluronsäure kann bestehende Knorpelschäden nicht beheben, aber das dickflüssige Gel fließt in die Lücken und bedeckt die Gelenkoberfläche mit einer dicken Schicht Gleitmittel. Da die ´Reibung´ bei Bewegung des Gelenkes dadurch reduziert wird und damit auch der Entzündungsreiz, ist sehr häufig eine schmerzfreie Beweglichkeit des Gelenkes, auch unter Belastung, zumindest vorübergehend möglich. Je nach Arthrose-Grad kann die Wirkung zwischen 6 und 18 Monaten anhalten. Bei Wiederauftreten der Symptome kann die Behandlung durchaus wiederholt werden. Es muss aber damit gerechnet werden, dass sich die Zeitspanne der Beschwerdelinderung allmählich verkürzt. Das Fortschreiten der Arthrose wird durch die HS nicht verhindert, aber eventuell verzögert. Eine Anwendung bei komplettem Gelenkverschleiß ist eher fraglich und andere Therapiemöglichkeiten – meistens chirurgischer Art – sollten mit dem Patienten besprochen werden.